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„Starke Kids durch Pferdestärken“

Therapeutisches Reiten im Horthaus Grohn

Das Reitprojekt „Starke Kids durch Pferdestärken“ wurde von November 2014 bis Juli 2015 mit Kindern aus dem Horthaus Grohn durchgeführt.
Schwerpunkte des inklusiven und ganzheitlich konzipierten Projekts waren unter anderem die Stärkung des Selbstbewusstseins und der sozialen Beziehungen.
In den heterogenen Reitgruppen hatten alle teilnehmenden Kinder genügend Zeit und Gelegenheit, ihre individuellen Bedürfnisse einzubringen sowie die eigenen Ressourcen zu nutzen.

Warum Therapeutisches Reiten?

Unter „Therapeutischen Reiten“ versteht man verschiedene Fördermöglichkeiten mit dem Pferd im medizinischen, sportlichen und pädagogisch/psychologischen Bereich. Im pädagogischen Bereich spricht man von der „Heilpädagogischen Förderung mit dem Pferd“ (HFP)

Als soziale, kontaktfreudige Tiere, welche sich über ihre Körpersprache direkt und klar äußern, eignen sich Pferde sehr gut dafür, in pädagogischen Settings eingesetzt zu werden.

Ihre Größe und Wehrhaftigkeit sorgen dafür, dass ihnen von den Kindern Respekt entgegengebracht wird. Als Fluchttiere fordern sie einen sensiblen und fürsorglichen Umgang ein.

Neben ihrer äußeren Erscheinung und ihrem Wesen macht jedoch vor allem die Tatsache, dass sie sich reiten* lassen, die große Attraktivität der Pferde aus.

*(Im Zusammenhang mit der HFP bedeutet „Reiten“: ohne Sattel, meist mit Haltegurt auf dem Pferd zu sitzen und bewegt zu werden. Die ReiterInnen werden geführt und longiert.)

Da alle Entwicklungsbereiche (Motorik, Wahrnehmung, Kognition, Sprache, soziales und emotionales Verhalten) durch die Arbeit mit dem Pferd trainiert werden, bieten sich für alle Kinder vielfältige Lerninhalte. Außerdem sind beim Reiten und im Umgang mit dem Pferd Fähigkeiten gefragt wie zum Beispiel Mut, Sensibilität und Rhythmusgefühl, die das Lernen in der Schule positiv beeinflussen können.

Ganzheitlich Lernen

Die Heilpädagogische Förderung mit dem Pferd ermöglichte den Hort-Kindern „learning by doing.“

Die Umwelt wurde erfahrbar und fühlbar: Das Pferd beobachten, es von der Weide oder aus dem Stall holen, es füttern, führen, streicheln war hautnahes Erleben. Das warme, weiche Fell regte zum Kuscheln an, das zugewandte Wesen des Pferdes erlaubte Emotionen.

Geruch, Geräusche, Gefühle – alle Kinder profitierten von der anregenden Lernumgebung und dem praktischen Tun. Sich in den unterschiedlichen Gangarten auf dem Pferd zu halten, schulte Gleichgewicht und Aufrichtung und wirkte so Haltungsschwächen entgegen. Gleichzeitig förderte das kontinuierliche Sich-Ausbalancieren-Müssen in hohem Maße die Konzentrationsfähigkeit der Hort-Kinder.

Erfolg erleben

Für die meisten der Jungen und Mädchen war die Annäherung an das Pferd eine große Überwindung. Auch das erste Mal aufzusteigen und sich auf dem Pferderücken auf die Bewegung einzulassen, hatte viel mit Angstbewältigung zu tun. Die Kinder wuchsen dabei oft im buchstäblichen Sinne über sich hinaus, besonders wenn sie selbst die Vorbildrolle einnehmen konnten für andere, noch ängstlichere Kinder.
Weil die Kommunikation mit dem Pferd zum größten Teil über Körpersprache erfolgt, hatten Kinder mit Verständigungsproblemen die Chance, auch über diese Form der Verständigung mit dem Pferd in Kontakt zu treten und von diesem Signale und Mitteilungen zu empfangen.

Sich angenommen fühlen und Gemeinschaft erfahren

Da das Pferd einen Teil seiner Fähigkeiten, z. B. seine Beine oder seine Sinne an die ReiterInnen “verleiht”, konnte sich der Aktionsradius vor allem von Kindern mit Einschränkungen erweitern und neue Möglichkeiten der Teilhabe eröffnen (z.B. mehr Beweglichkeit, mehr Schnelligkeit…)
Durch die Tätigkeiten rund um das Pferd wuchsen die Kinder zu einem Team zusammen, denn es gab immer Anlässe, sich gegenseitig zu helfen und neue unbekannte Aufgabenstellungen gemeinsam zu bewältigen.
Alle Kinder konnten sich als selbstwirksam und zur Gruppe gehörig erleben, auch weil sie genügend Zeit haben, auf ihre eigenen Ressourcen zurückzugreifen.

Auswirkungen für das Quartier:

Die Kinder aus dem Einzugsgebiet „Grohner Düne“ leben im Alltag sehr naturfern und haben nur selten Begegnungen mit Tieren. Oftmals fehlt es ihnen an Empathie zu ihnen.
Durch den direkten Umgang mit dem Pferd machen die Kinder Erfahrungen, die sie so noch nicht kennen.

Durch das Reiten einerseits wird das Selbstbewusstsein gefördert und durch den pflegerischen Umgang mit dem Pferd, entsteht Verantwortungsgefühl und die Freude daran, sich liebevoll um ein Tier zu kümmern.

Das wiederum spiegelt sich im Sozialverhalten der Kinder wieder, was deutlich im Hortalltag spürbar ist.
Die an diesem Projekt teilgenommenen Kinder zeigten sich ausgeglichener und sind in ihrer Persönlichkeit gewachsen.

Durch die Nachhaltigkeit der gemachten Erfahrungen wirken sich diese auch positiv auf das Miteinander in der Nachbarschaft aus.
Selbstbewusste und empathische Kinder entwickeln eine stabile Struktur, die auch ins Quartier hinein wachsen kann.

Ablauf/Konzeption

Das Projekt war in 5 Blöcke unterteilt. Die Übergänge waren fließend und orientierten sich an den Bedürfnissen der Hort-Kinder.

1. Block: Orientierungsphase: Sich auf Neues einlassen und Vertrauen gewinnen Zeit für Beobachtungen, Körpererfahrung, Umwelterfahrung, Kontaktaufnahme mit dem Pferd, Erwerb von Sachwissen (z.B. Regeln, Reaktionen des Pferdes)

2. Block: Individuelle Phase: Selbstwirksamkeit erleben und in die Balance kommen: Angstabbau, Körper-/Bewegungserfahrungen auf dem Pferd, Gleichgewicht, Körpersprache, Konzentration, Erwerb und Anwendung von Sachkenntnissen

3. Block: Gemeinschaftsphase: Sich und andere wahrnehmen –soziale Kompetenz entwickeln Reiten an der Longe, Anbahnung von Partnerübungen, gegenseitige Absprachen, Hilfestellung geben, Rücksicht nehmen, Spiele rund ums Pferd, Erwerb und Anwendung von Sachkenntnissen

4. Block: Trainingsphase: Voltigierübungen als sportliche Herausforderung erleben Übungen vom Holzpferd auf das reale Pferd übertragen; verschiedene Bewegungsabläufe auf dem stehenden bzw. gehenden Pferd einüben, Partner-Übungen planen und durchführen, Erwerb und Anwendung von Sachkenntnissen

5. Block: Abschlussphase: Elternpräsentation Sachkenntnisse zeigen, Übungen auswählen, Präsentation der Ergebnisse vor Publikum.

Das Projekt wurde in Zusammenarbeit mit der Reittherapeutin Frau Shirin Homayouni info@therapeutisches-reiten-bremen.de durchgeführt.

Zusammenfassung:

Bei der Durchführung der einzelnen Blöcke zeigte sich deutlich, wie groß der Bedarf an Bewegungsangeboten für die Hort-Kinder war.

Deshalb wurde in den Anfangsstunden sehr individuell auf jedes einzelne Kind eingegangen. Zeit und Gelegenheit mussten zur Verfügung gestellt werden, damit die Kinder sich und ihren Körper spüren und die eigenen Grenzen und Möglichkeiten ausloten konnten. Erst als sie ihre Balance auf dem Pferderücken gefunden hatten, konnten sie sich für andere Lerninhalte (z.B. Spiele, Partnerübungen) öffnen.

Es ist unbestreitbar, dass Pferde Körpergefühle, Empfindungen, Erlebnisse und Eindrücke vermitteln, die ohne den Umgang mit ihnen bzw. ohne Reiten nicht zu erleben wären.

Insbesondere in den Gruppensituationen erfahren Kinder durch das gemeinsame, positiv bewertete Handeln rund um das Pferd gegenseitige Wertschätzung und ein neues Zugehörigkeitsgefühl.

Angebote wie das Therapeutische Reiten für Schul- bzw. Hortkinder sind deshalb wichtig und förderungswürdig!

Zeitungsartikel