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Tenever

Von einer städtebaulichen Sünde zum Erfolgsmodell sozialer Stadtentwicklung

Panorama von Tenever
Interkulturelles Zusammenleben in Tenever
Interkulturelles Zusammenleben in Tenever

Noch in den frühen 1970er Jahren als zukunftsweisende Wohnform gefeiert ("Urbanität durch Dichte"), wurde schon in der Bauphase des hochgeschossigen "Demonstrativbauvorhabens" Kritik laut, die sich auf die Bauform, die Lage an der Bremer Peripherie, aber vor allem auf die unrealistische Erwartungshaltung hinter dem Großprojekt bezog: Die angenommene Bevölkerungsentwicklung blieb aus, der Wohnungsmarkt entspannte sich und so wurde das ambitionierte Vorhaben (4200 Wohnungen sollten entstehen) 1973 vorerst gestoppt. Nach einer Denkpause wurde das Bauvolumen auf 2650 Wohnungen für 7.700 Bewohner reduziert und die Siedlung 1977 fertig gestellt.

Tenever vor dem großen Rückbau
Tenever vor dem großen Rückbau

Im Laufe der 1980er Jahren und Anfang der 1990er Jahre wurde Tenever zum Objekt von Immobilienspekulanten. Das "Monopoly-Spiel" mit ganzen Wohnblocks verschlimmerte die bauliche und soziale Situation im Quartier erheblich; zudem führte die Mietenpolitik des sozialen Wohnungsbaus zum Fortzug vieler kaufkräftigerer Mieter. Der Leerstand erreichte zeitweise fast 45, Anfang der Jahrtausendwende sogar 51 Prozent. Statt zum bewunderten Vorzeigeprojekt, entwickelte sich der Stadtteil zum sozialen Brennpunkt und zum Ort der sozialen Ausgrenzung mit schlechtem Ruf.

Im Jahr 1989 wurde von der Bremischen Bürgerschaft ein Nachbesserungsprogramm für Tenever und weitere vier Bremer Quartiere beschlossen, um den drohenden Niedergang dieser Hochhaussiedlung aufzuhalten. In den Folgejahren setzten sich der Arbeitskreis sozialer Einrichtungen in Tenever, die Bewohnerschaft, der Beirat, das Amt für Wohnung und Städteförderung und die Stadtteilgruppe Tenever für die Entwicklung eines umfassenderen Konzeptes zur Sanierung der Großwohnanlage ein.

Abrissarbeiten in Tenever: "Rückbau"
Abrissarbeiten in Tenever: "Rückbau"

Im Winter 2002 beschloss der Bremer Senat ein städtebauliches Konzept, mit dem Ziel, aus Tenever einen attraktiven Ortsteil für die Zukunft zu entwickeln. Neben der Sanierung und Modernisierung des Wohnungsbestandes sowie der Aufwertung des Umfeldes beinhaltete der Plan auch umfangreiche Abrissarbeiten von etwa einem Drittel des Bestandes.

Tenever heute: heller, moderner, lebenswerter
Tenever heute: heller, moderner, lebenswerter
Modernisierte Eingangssituaton

Die seither durchgeführten Stadtumbau-, Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen kosteten etwa 72 Millionen Euro und wurden von der Stadt Bremen und durch das Bund-Länder-Programm "Stadtumbau West" finanziert.
Auch wenn sich gesellschaftliche Probleme wie Arbeitslosigkeit, Armut, Integrations- und Bildungsdefizite weiterhin sozialräumlich in Tenever konzentrieren, gilt es heute – vor allem aufgrund der erfolgreichen sozialen und baulichen Interventionen - als Vorzeigeprojekt im Bereich der sozialen Stadtentwicklung und als Beispiel für das friedliche Zusammenleben vieler Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft.

Tenever ist heute ein Ort der Interkulturalität und der Integration: Hier wohnen etwa 10.000 Menschen aus 90 Nationen. 67% der Bewohner*innen haben einen Migrationshintergrund, davon sind etwa ein Drittel Aussiedler. Bei den unter 18-Jährigen liegt der Migrationsanteil bei 86%. Tenever ist einer der kinderreichsten Ortsteile Bremens - ein Drittel der Bewohner/innen ist unter 18 Jahre alt. Und nicht zuletzt ist Tenever arm. Mehr als ein Drittel aller Bewohner/innen, vor allem Kinder und Jugendliche, sind auf Sozialleistungen angewiesen.

Interkultureller Lebensort Tenever
Interkultureller Lebensort Tenever

und Tenever wächst, es wird wieder gebaut. Auf der Brache südlich der Otto-Brenner Allee entstehen neben Wohnungen für Singles und Großfamilien auch soziale Einrichtungen wie ein Kindergarten.

Bildnachweis:(01)www.tenever-bremen.de (Internetseite besteht nicht mehr)(02)wikipedia:Jürgen Howaldt (03)umtec-parter (Abrissfirma)(04)www.azuw.de (05+06)Stadtteilmanegement(07)Kreiszeitung: Irena Güttel(08)Stadtteilmanagement